Wir sind die 59 – Jürgen

Jürgen, 72

Rentner

Ich zog hier im Herbst des Jahres 1975 als Neuberliner ein, damals warb der Senat von Berlin noch westdeutsche Fachkräfte an, ich erlebte die Eingewöhnungsphase und entschied mich nach 2 Jahren Berliner zu werden.

Damals bewohnte ich im Quergebäude die kleine Wohnung, mit Innen-WC, dem Berliner Zimmer mit einer Gasheizung und einer Küche, es war kein Komfort aber es gab mir eine Perspektive. Ich investierte in die Wohnung und renovierte auf eigene Kosten und das ging in Absprache mit der Hausverwaltung. Das gab das Gefühl eines Vertrauens auf eigene Kosten montierte auch ich die Duschzeile in der Küche, damit erweiterte sich mein Bekanntenkreis, es waren jüngere Nachbarn die ab und zu zum Duschen kamen.

Für mich war all das sehr praktisch, ich hatte die Stelle in einem Kreuzberger Großunternehmen und Nachbarn auf denen ich mich stets verlassen konnte.
Mitte 1978 hatte sich mein Familienstand verändert, schon damals war der Berliner Wohnungsmarkt so gut wie leergefegt, nach der 120 Bewerbung meldete sich unsere Verwaltung und bot mir die jetzige Wohnung zur Miete an.
Ich zögerte nicht, wusste aber auf was ich mich einließ, auf mich wartete Arbeit um die Wohnung auf ein Minimum zu bringen um darin wohnen zu können.
Zunächst wurden zwei Kachelöfen gegen Dauerbrenner ausgetauscht und erst dann kam das Badezimmer dran. Das war weder gefliest noch waren die Wände behandelt, zudem die Küche ohne Spüle, mit Hilfe der Hausverwaltung wurden Leitungen verlegt und das Bad bekam einen gewissen Standard.

Den Mietsvertrag ergänzte man, wir wurden zum Wohnwertverbesserungsmieter. Das gab wieder gewisse Impulse, wir waren mittlerweile eine kleine Familie geworden, hatten immer noch Lust und Geld in die Wohnung zu investieren und das taten wir, im Laufe der Zeit waren es nicht nur die Teppichböden sondern die Zimmerdecken wurden abgehangen und die Einbauküche machte schon einen Kostenfaktor aus.Es blieb nicht dabei, die 4. Etage und die Kohlen, da wurde umgestellt auf Elektro Langwellenheizung. Die Elektroins-tallation bezahlten wir als Mieter, es rechnete sich für uns immer noch, es wurde zwar teurerer aber dafür wesentlich bequemer.
Für uns lässt sich sagen, all das lässt sich rechnen und ist im Vergleich zu einer Wohnung mit Gasetagenheizung gesamt auch nicht wesentlich teurer.




Jetzt sind wir beide bereits im Ruhestand, jeder von uns weiß wie die gesetzliche Rente jährlich steigt, setzt man dazu den Mietspiegel und rechnet alle drei Jahren die durch- aus möglichen 15% Steigerung, dann weiß man in weniger als ein Jahrzehnt gehen 50% der Rente für die Miete drauf. Demgegenüber steht die Gesetzgebung der Rentenversicherung, nicht nur die 48% sondern jenes was man erlebt aber kaum in der Öffentlichkeit bekannt ist. Man bezeichnet das als die Witwenrente und die allgem. „Große“ sind nur 60% von den zuvor gezahlten 48%. Gute Nacht Freunde, da passt was gesellschaftlich nicht mehr zusammen, was da zum Leben übrig bleiben könnte entspricht in etwa dem Hartz-IV Satz.

So produziert man also Altersarmut trotz Rente über den Durchschnitt!